Samstag, 1. Juni 2013

Mit Schoggi zum Olympiasieg - mit Nicola Spirig sprach die 6. Klasse, Schulhaus Gabler, Zürich






Einmal eine Goldmedaille in den Händen halten! Beim Gespräch mit der Triathlon-Olympiasiegerin Nicole Spirig durften wir das. Zudem haben wir noch sehr viel Interessantes erfahren. 





 

 



Was inspiriert dich in deinem Leben?

Schwierige Frage. Inspirieren tun mich viele Sachen. Natürlich der Sport, der ist sehr wichtig für mich. Um dort gute Leistungen zu erbringen und ein Ziel zu erreichen. Sich Ziele setzen und auch zu erreichen, das inspiriert mich extrem. Aber es sind auch Menschen, die mich inspirieren: Meine Familie.

Ist es schweirig, Triathletin zu sein und gleichzeitig Mutter?

Es ist schon ganz speziell und seit dem 21. März anders. Ich muss gut organisieren können und flexibel sein, um gut trainieren zu können und gleichzeitig auch ein gutes Mami zu sein. Doch eigentlich gilt das auch für andere Mütter, die einem Job nachgehen. Diese sind manchmal viel mehr von zu Hause weg. Ich habe das Glück, dass ich meine Zeit einteilen kann mit dem Trainieren und dazwischen Zeit für Yannis habe.

Wie lange planst du dein Kind zu stillen?
In bin momentan am Stillen. Doch eigentlich hängt es von Yannis ab, wie lange das sein wird. Aber auch von meinen Trainingseinheiten. Wenn ich sehr hart trainiere und Yannis sagt, dass er dadurch nicht mehr genügend Milch kriegt, dann müssen wir weitersehen. Gewisse Ratschlaggeber sagen: 6 Monate stillen wären super. Dann erhält das Kind auch genügend Abwehrstoffe, ich habe mich aber keine bestimmte Anzahl Monate zum Ziel gesetzt. Wir schauen Mal wie es geht, was mein Sohn meint und entscheiden erst dann.

Hattet ihr Probleme bei der Namenswahl?

Ja, das kann man ruhig sagen. Wir hatten grössere Schwierigkeiten, Bubennamen als Mädchennamen zu finden. Wir wussten aber fast mit Sicherheit, dass es ein Bub werden würde. Mein Mann Reto und ich schrieben uns je eine Liste mit Namen auf, haben diese verglichen und dann herausgestrichen. Am Schluss hatten wir noch 4 Namen. Yannis ist aber dann 5 Wochen zu früh auf die Welt gekommen. Als uns die Hebamme im Spital nach der Geburt fragte, wie das Kind nun heissen sollte, schauten Reto und ich uns nur lange an, denn wir hatten für den Buben noch keinen endgültigen Namen ausgewählt. Die Hebamme sagte, das mache nichts. Auch die Inder müssten schliesslich zuerst die Sternenkonstellation anschauen, bevor sie den Kindern einen Namen geben. Wir hätten noch 3 Tage Zeit. Da waren wir schön erleichtert. Doch da wollten wir Retos Eltern anrufen um ihnen zu sagen, dass alles gut gegangen sei. Ihnen aber keinen Namen mitteilen zu können, war komisch. Also haben wir uns für Yannis entschieden. Der Namen war unter den letzten 4.

Wie und wo hast du deinen Mann kennen gelernt?

Mein Mann Reto ist auch Triathlet. 1999 wurde ich auf Madeira Junioren-Europameisterin, und er wurde am gleichen Ort Europameister bei der Elite. So habe ich ihn kennen gelernt.
Wieso haben du und Reto in der Masoalahalle geheiratet?
Erstens gehen wir gerne in den Zoo, und ich habe auch sehr gerne Tiere. Auch spezielle Tiere. So habe ich einmal Indische Stabschrecken als Haustiere gehabt. Die sind sehr interessant. Sie brauchen z.B. keinen Partner, um sich fortzupflanzen.. Dann sind wir sehr viel herumgereist, waren an warmen Orten. Wir haben aber im Dezember, also im Winter geheiratet und wollten so den Kontrast darstellen: In der Masoalahalle war es 25 Grad mit einer Luftfeuchtigkeit von 80 Prozent, draussen dagegen schneite es.

Was machst du in der Freizeit?
Im Moment besteht meine Freizeit aus Hauseinrichten und Yannis. Sonst mache ich sehr gerne andere Sportarten. Im Winter Skitouren oder Langlaufen, im Sommer etwa Wakeboarden auf dem Zürichsee oder Kajakfahren. Ich mache allgemein sehr gern Sport. Wenn ich in der Schweiz bin, treffe ich natürlich sehr gern meine Freunde, die ich sonst nicht so oft sehe. Viel Freizeit bleibt mir aber nicht.
 
Warst du gut in der Schule?
Ja, ich war ziemlich gut. Das Lernen ist mir immer leicht gefallen, auch fand ich die Schule sehr interessant. Ich komme aus einer Lehrerfamilie, die Ausbildung war bei uns immer wichtig. Und ich habe in der Schule auch oft etwas geschummelt. Nicht richtig natürlich. Ich habe bereits während den Schulstunden meine Hausaufgaben gemacht, damit ich früh ins Training konnte und von den Hausaufgaben befreit war.

Was isst du an einem Trainingstag?
Vor allem esse ich sehr viel, weil ich beim Training auch sehr viel Energie brauche. Oft trainiere ich 3 Einheiten pro Tag. Meistens ist die erste Einheit vor dem Zmorgen. Da esse ich nur eine Banane. Danach gibt es ein grosses Frühstück mit Müesli und Cornflakes und was sonst noch dazu gehört. Dann kommt die zweite Trainingseinheit, danach esse ich etwas zu Mittag. Manchmal ist es auch nur Brot und Trockenfleisch, also etwas Einfaches. Und erst zum Znacht gibt es etwas richtig Gekochtes. Fleisch, Salat und Pasta. Und was wohl nur für mich gilt: Dazwischen esse ich sehr viel Schoggi.
Wenn du dein Leben noch einmal leben könntest, würdest du alles nochmals gleich machen?
Zumindest sehr vieles! Ich habe bisher ein ganz schönes Leben gelebt. Es ist vieles passiert, und ich habe auch sehr vieles erlebt. Ich habe sehr schöne Erinnerungen und Erlebnisse und bin daher sehr zufrieden mit meinem Leben. Ich habe mir auch schon überlegt, ob ich mit jemandem tauschen möchte, habe aber bis jetzt noch niemanden gefunden. (Yannis gibt an).
 
Ernährst du dich speziell?
Ich sollte mich gesund ernähren, weil auch die Ernährung Einfluss hat auf die Leistung. Aber ich habe keinen Ernährungsplan. Ich muss schauen, dass mir die Ernährung noch Spass macht, dass es mir noch gut geht und ich nicht genau darauf achten muss etwas zu essen, auf das ich vielleicht gar keine Lust habe. Das ist auch der Grund, weshalb ich viel Schoggi esse. Zum Zmorge an den Olympischen Spielen von London habe ich 100 Gramm Schoggi und eine Banane gegessen.
 
Kochst du viel selber?
Ja. Wenn ich und Reto Zeit haben, kochen wir auch gemeinsam. Meistens am Abend. Am Mittag eher selten, da haben wir beide etwas komische Zeiten, dann trainiere ich auch meistens. Dann gibt es oft erst um 3 Uhr Zmittag. Zum Znacht kochen wir viel. Allerdings muss es auch oft schnell gehen, weil wir dann doch grossen Hunger haben. Dann gibt es etwas, das schnell geht. Also kein 4- oder 5-Gang-Menü.

Was ist das für ein Gefühl, Olympiasiegerin zu sein?

Ein sehr gutes Gefühl. Zu Beginn hat es lang gedauert, bis ich es realisiert habe. Manchmal habe ich sogar ein wenig darüber lachen müssen, weil es so was Spezielles ist. Ich verbinde sehr viele schöne Erlebnisse mit dem Olympiasieg und bin auch stolz darauf. Ich habe auch sehr lang daraufhin gearbeitet. Auch gibt es auf der Welt nicht so viele, die das Gleiche erreicht haben.
 
Hast du einen speziellen Ort für deine Trophäen?
Nein, noch nicht! Wir sind erst kürzlich in ein Haus gezogen, das wir gekauft haben. Daher sind wir noch nicht fertig eingerichtet. Die Trophäen sind immer noch in einer Schachtel. Vorher waren sie meistens bei meiner Mutter eingelagert, weil ich nicht so viel Platz hatte. Die Goldmedaille von London habe ich aber da. Die ist ganz speziell, die gebe ich nicht meinem Mami. Sie bekommt ganz sicher einen Ehrenplatz im Haus.

Wann hast du mit Triathlon angefangen?

Meinen ersten Triathlon habe ich 1992 als 10-Jährige bestritten. Das war die Schweizer Meisterschaft der Schüler in Bubikon. Ich wurde Zweite, musste aber gegen bis zu 3 Jahre Ältere antreten.
 
Was hast du als Kind trainiert?
Ich bin in einer sehr sportlichen Familie aufgewachsen. Schon mein Vater und meine Mutter waren Sportlehrer, auch mein Grossvater war es. Also habe ich immer Sport gemacht. Ich war während der Primarschule in der Mädchenriege und auch im Basketballteam. Mit 7 ging ich in den Schwimmclub. So richtig Triathlon trainiert habe ich aber erst ab 1998 mit 16, als ich erstmals an einer Junioren-EM teilnehmen durfte. Da habe ich gefunden: Jetzt muss ich richtig trainieren. An der EM wurde ich übrigens 18. Ich bin sehr schlecht geschwommen, kam erst als Fünftletzte aus dem Wasser, habe aber auf dem Velo und beim Laufen mächtig aufgeholt.

Warum hast du gerade Triathlon gewählt?
Mir ist es schwergefallen, zu entscheiden, welche Sportart ich machen möchte. Triathlon ist extrem abwechslungsreich. Es war auch super für das Training. Wenn das Wetter schlecht war, konnte man ins Hallenbad schwimmen gehen. Man hat eben drei Sportarten und nicht nur eine. So habe ich mich für Triathlon entschieden. Ich habe aber nie geplant, Profiathletin zu werden. Ich habe deshalb normal die Kantonsschule gemacht und anschliessend studiert und bin jetzt Juristin. Als Profisportlerin habe ich nicht gleich gerechnet. Jetzt bin ich hineingewachsen und finde es lässig, dass ich einige Jahre diesen Beruf ausüben kann.
 
Was war sportlich dein schönstes Erlebnis?
Da hat es ganz viele schöne Erlebnisse gegeben.  Dazu  gehören natürlich die Siege. Das ist immer ein superschönes Gefühl. Ich denke, die Olympischen Spiele zu gewinnen ist etwas ganz, ganz Spezielles. Das erleben nicht viele Leute. In der Schweiz haben nur 4 Frauen an Olympischen Sommerspielen eine Goldmedaille gewonnen. Aber auch sonst gab es sehr viele schöne Erlebnisse. Ich durfte viel reisen, konnte viele Länder sehen und sehr viele gute Leute kennen lernen. Ich kann also nicht sagen, was das schönste Erlebnis war.
 
… und das peinlichste?
Das war beim Teamwettkampf an einer EM. Wir waren zu fünft, die drei besten Frauen wurden gewertet. Ich  wollte nach dem Schwimmen sehr schnell wieder aufs Velo steigen. Um Zeit zu gewinnen, werden  die beiden Veloschuhe bereits vor dem Rennen auf die Pedale montiert. In der Eile hatte ich aber die beiden Schuhe verwechselt; der linke war auf der rechten Pedale, der rechte auf der linken Pedale montiert. Als ich aufs Velo stieg, konnte ich natürlich nicht in die Schuhe schlüpfen und musste während dem Fahren wechseln und verlor so mehr Zeit als vorgesehen. Das war natürlich sehr peinlich, vor allem, weil es ja ein Teamwettkampf war.

Warum hast du vor 15 Jahre den Trainer gewechselt?

Einerseits war es nicht vor 15 Jahren, sondern erst vor 7 Jahren. Doch es stimmt schon: Zuvor habe ich 15 Jahre mit meinem Vater als Trainer gearbeitet. Ich bin mit meinem Vater als Trainer sehr weit gekommen, er hat mich bis zu den Olympischen Sommerspielen in Athen trainiert. Mein Vater war aber vielleicht nicht der Richtige, um mich ans Limit zu pushen. Er hatte andere Vorzüge. Das Vater-Tochter-Verhältnis war ihm – uns beiden - wichtiger. Ich wusste aber, wenn ich an den Olympischen Spielen nicht nur einfach mitmachen, sondern um eine Medaille kämpfen wollte, so brauchte ich jemand, der mich an meine Grenzen brachte. Ein Trainer, der an gewissen Tagen auch richtig böse sein konnte und sagte: Nicola, jetzt musst du härter und mehr trainieren. Darum habe ich damals den Trainer gewechselt.
 
Wer war als Trainer besser: dein Vater oder dein jetziger Trainer Brett Sutton?
Meinen Vater hatte ich als Trainer sicher lieber. Der Trainer, den ich jetzt habe, ist recht streng. Mein Vater war lieber und zeigte mehr Gefühle. Wenn ich nach einem strengen Schultag nach Hause kam hat er zuerst geschaut, wie ich drauf war und passte das Training jeweils an. Das kann eben auch sehr gut, sehr positiv sein. Ich habe natürlich sehr gern mit meinem Vater trainiert. Den Australier Brett Sutton habe ich gern, weil er mir sehr viel Erfolg bringt. Er ist ein sehr, sehr guter Trainer. Ich habe beide Trainer sehr gern - jeden auf seine Art.
 
Was meinst du zu Doping?
Ich finde es sehr schade, dass es so was überhaut gibt. Dass auch der Sport damit kaputt gemacht wird, weil plötzlich die Leistungen angezweifelt werden. Für mich ist es ganz klar: Ich will meine Leistungen ohne Doping vollbringen. Man setzt sich ja ein Ziel und will dieses erreichen. Und wenn man es mit unerlaubten Mitteln erreicht, hat man beschissen. Da sehe ich auch den Sinn dahinter nicht. Für mich war immer wichtig, zu sehen, dass ich im Triathlon auch ohne Doping an die Spitze gelangen kann.

Wie beherrschst du die Nervosität vor den Rennen?
Olympische Spiele sind sehr speziell. Das ist ein Tag alle vier Jahre. Und an diesem Tag muss man seine beste Leistung erbringen. Und weil sehr viele Leute da zuschauen, ist auch viel Druck vorhanden. Auch eigene Erwartungen, von dir selber aber auch vom Umfeld. Da ist man schon nervös. In solchen Momenten sage ich mir: ich kann nur mein Bestes geben, ich kann nicht besser sein als das, was ich gebe. Und ich weiss, dass ich versuche, mein Bestes zu geben. Das beruhigt mich jeweils ein bisschen.

Hast du schon als Kind vom Olympiasieg geträumt?
Eigentlich nicht. Ich habe mir mit 17 überlegt, dass es eine Möglichkeit wäre, an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Aber geträumt, auch getraut zu träumen von einem Olympiasieg habe ich erst vor den Spielen in Peking und dann überzeugt in den Vorbereitungen auf London.
 
Wie viel hast du an den Olympischen Spielen verdient?
Bei Olympia gibt es kein Preisgeld, von der Organisation selber bekommt man also gar nichts! Nur Medaille und Ehre. Von Swiss Olympic, das ist die schweizerische olympische Organisation , gab es 40’000 Franken Siegprämie. Dann gab es von den Sponsoren je nach Vertrag einen Bonus. So gesehen habe ich also schon verdient.

Willst du noch einmal bei Olympischen Spielen mitmachen? Wann gehst du in den Ruhestand?

Das habe ich mir lang überlegt und mich dann für eine weitere Teilnahme entschieden, 2016 möchte ich in Brasilien, genauer in Rio de Janeiro, wieder dabei sein. Das wird aber sicher mein letztes Olympiarennen sein.
 
Was ist dein nächstes Ziel?
Zuerst wieder fit werden und im Training wieder ein sehr hohes Niveau erreichen. Nachher? Im nächsten Jahr findet in Zürich die Leichtathletik-EM statt. Mein nächstes grosses Ziel ist dort zu starten. Ich weiss aber nicht ob über, 10’000 Meter oder über die Marathonstrecke, die gut 42 Kilometer lang ist.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen